G4 Power Mac

Teil I: Reaktiviert

Veröffentlicht / modifiziert

  • 2020-02-29
  • /
  • 2024-02-25

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Yikes!

Diesen Codenamen gab Apple seinem ersten G4 Power Mac und um eben einen solchen geht es in diesem Artikel. Technisch weitestgehend identisch mit dem Power Macintosh G3 (Blau & Weiß) aber mit einem Motorola MPC 7400 auf der Hauptplatine – besser bekannt als G4-Prozessor – zeigte sich der Power Mac 1999 zudem als erster Mac im neuen Pro-Line Graphite Gehäuse. Eigentlich war die Rolle dem von Grund auf neu entwickelten G4 Power Mac mit AGP-Grafik zugedacht, doch dessen Fertigstellung verzögerte sich.

Warum reaktiviert man einen alten Mac?

Aus verschiedenen Gründen schätze ich dieses Modell sehr: Zum einen habe ich während meines Studiums an der Hochschule ersten Erfahrungen mit Macintosh Computern und Mac OS an solchen Maschinen gesammelt. Zum anderen habe ich einige alte Dokumente, für die ich Programme aus der Mac OS Classic Ära benötige, und ich mag die Möglichkeit, Hardware und Software aus dieser Zeit benutzen zu können. Dieser Mac ist vielseitig, erweiterbar und hat Charakter: Zum einen kann er das originale Mac OS von Version 8.6 bis 9.2.2 nativ starten, sowie Mac OS X bis zu Tiger (10.4), und er bietet Platz für bis zu vier PCI/33-Erweiterungskarten sowie PCI/66 für die austauschbare Grafikkarte. Zum anderen ist dieser Power Mac G4 eine Designikone mit ungewöhnlicher Geschichte und die erste G4-basierte Workstation von Apple.

Mein 400 MHz Power Mac war schon ein paar Jahre alt, als ich ihn bekommen habe und alles in allem recht gut in Schuss, abgesehen von ein paar Blessuren: Gebrauchsspuren und Kratzer am Gehäuse und die Tendenz unter Last einzufrieren oder abzustürzen. Vor allem umfangreiche Software-Installationen waren in der Regel eine Ge­dulds­pro­be.

Zwo, eins, Risiko

Nach einer sehr gründlichen Inspektion und Reinigung – komplette Zerlegung und anschließendes Zusammensetzen inklusive – war ich bereit, den Power Mac einzuschalten. Zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt. Stromkabel, Bildschirm, Apple Magic Keyboard und Pro Mouse waren angeschlossen. Würde der Mac funktionieren? Würde er ein Betriebssystem laden? Ich drückte den Einschaltknopf.

Geräuschlose Computer waren um das Jahr 2000 definitiv kein Thema für den Massenmarkt, denn hochfrequent fiepte mir die interne Festplatte entgegen, eine ausgesprochen zuverlässige 16 GB-Platte von IBM. Eine Weile und etwas Bildschirmgeflacker später präsentierte sich mir der Schreibtisch von Mac OS X Tiger. Super, der Mac lief!

Natürlich war nicht alles perfekt: Bei dem jahrelangen Nickerchen war der Batterie der Echtzeituhr der Saft ausgegangen und der Computer wähnte sich im Jahr 1970 – nichts, was man mit einer neuen Batterie oder Zugang zu einem Zeitserver nicht in den Griff bekommen sollte. Zudem hatte ich den Eindruck, dass die Startup-Tastenkürzel nicht mir der modernen Tastatur funktionierten. Es stellte sich später heraus, dass dieser Mac nicht über den neuen Startup Manager verfügt, von dem ich annahm, er sei auf allen Power Macs vorzufinden. Wer beim Hochfahren ALT (heutzutage als Option bekannt) drücken und das Start-Laufwerk auswählen möchte, der sollte folglich stattdessen mindestens die spätere AGP-Version ins Auge fassen. Die Tasten C und D funktionierten tadellos und erlaubten wie erwartet das Starten vom optischen Laufwerk respektive der internen Festplatte.

Hardware Upgrades

Ersetzen der Festplatte

Um den Lärmpegel des Macs nach unten zu korrigieren musste die interne IDE-Festplatte weichen. SSDs sind mit IDE-zu-SATA Adaptern eine Möglichkeit, oft günstiger und meist eleganter sind Adapter für Compact Flash oder SD Karten. Eleganter, weil man sie leicht entnehmen und mit nahezu jedem modernen Computer partitionieren und formatieren sowie Dateien austauschen kann. Ich habe mir schliesslich einen IDE-zu-SD Adapter zugelegt und mit einer handelsüblichen 32 GB SD Karte bestückt. Als erstes wurden die Daten der alten Festplatte mit Hilfe eines USB-zu-SATA/IDE Adapters an einem zeitgemässen Computer mit Hilfe des Kommandozeilenprogramms dd auf die Karte geklont und im Anschluss die Driver Descriptor Map als auch der Eintrag der letzten freien Partition mit HexEdit an die Kapazität der Karte angepasst. Als das erledigt war, schloss ich den SD-Adapter anstelle der alten IDE-Festplatte an.

Jedesmal zeigte mir der Mac, nach kurzer Suche eines startbaren Volumens, einen weißen Bildschirm mit grauem Apple-Logo darauf, den Startbildschirm von Mac OS X. Soweit, so gut. Doch zu meiner Überraschung verhielt er sich merkwürdig: Manchmal fuhr er komplett hoch und man sah den Schreibtisch, doch meistens verwandelte sich des Apple Logo in ein Verbotszeichen und der Mac hing. Einmal landete ich stattdessen in einer Root-Shell und ich schaute mich darin etwas um: Mir viel auf, dass ich zwar den Inhalt von Verzeichnissen auf der Macintosh HD anzeigen konnte, doch oft spuckte die Kommandozeile scheinbar zufällig Busfehler-Mitteilungen aus, wenn ich wiederholt Verzeichnisinhalte listete. Sollten die Daten auf dem Laufwerk korrupt sein, so würde ich Konsistenz bei den Fehlern erwarten. Hier ging irgend etwas seltsames vor.

Ich überprüfte den SD-Adapter – keine Jumper. Also war ein Konfigurationsproblem an diesem Ende auszuschließen. Außerdem war der Adapter das einzige Gerät an diesem IDE-Anschluss des Mainboards, was einen Konflikt auf dem IDE-Kanal mehr als unwahrscheinlich machte. Das Installieren von Mac OS X vom optischen Laufwerk auf die SD-Karte hing entweder mit variierendem Fortschritt oder die oben genannten Fehler traten beim Neustart auf. Mir fiel bei näherem Hinschauen auf, dass neben dem Anschluss für das DVD-Laufwerk auf dem Mainboard die Bezeichnung IDE stand, wohingegen neben dem Festplatten-Anschluss, den ich bis dahin verwendet hatte, Ultra ATA prangte. Sollte der SD-Adapter etwa nicht ATA/33 unterstützen? Oder war der ATA-Kontroller oder sein Anschluss beschädigt?

Es gab einen einfachen Weg, das herauszufinden. Ich schloss dem SD-Adapter nun dort an, wo bereits das DVD-Laufwerk hing, versetzte dieses in den Slave-Modus und startete den Mac erneut von DVD: Partitionieren der SD-Karte und verifizieren: check. Installieren von Mac OS X Tiger: check. Neustart von SD-Karte: check. Nun fühlte sich diese Maschine wie ein richtiger Mac an. Selbst nach mehreren Neustarts und stundenlanger Benutzung traten die Fehler nicht mehr auf. Mit einem geräuschlosen Startlaufwerk und einer Transferrate knapp unter 15 MB/s verbuche ich das ganze als erfolgreiches Upgrade, Fix inklusive.

Arbeitsspeicher

Zwecks Leistungssteigerung plante ich, die Maschine mit der maximalen Menge von 1 GB Arbeitsspeicher auszustatten. Vier Slots können hier je 256 MB PC100 SDRAM-Module aufnehmen. Zwei unterschiedliche 128 MB Riegel (einer mit Mitsubishi ICs) und einer mit 64 MB (augenscheinlich von Hyundai) waren bereits installiert, als ich den G4 aus dem Keller geholt hatte. Da PC100 RAM inzwischen nicht mehr so leicht zu bekommen ist, besorgte ich mir einen vielversprechenden PC133-Riegel. Der arbeitete auch gleich gut mit dem Mainboard zusammen. Als Stresstest lies ich zwei Benchmarks durchlaufen. Da der Power Mac das PC133-Modul nicht mit den älteren PC100-Riegeln zusammen betreiben mochte, muss ich wohl solange mit 256 MB Arbeitsspeicher auskommen, bis drei weitere baugleiche PC133-Riegel eintreffen – was hoffentlich bald sein wird.

Gehäuselüfter

Apples interner 120 mm-Lüfter wurde umgehend durch einen modernen laufleisen Lüfter mit der selben Größe ausgetauscht. Apple benutzte hier einen heute unüblichen Anschluss. Das Kabel des alten Lüfters ließ sich jedoch leicht in einen Adapter umfunktionieren. Der neue Lüfter funktionierte ausgezeichnet und war merklich leiser.

Zukünftige Upgrades

Design-bedingt läuft der Gehäuselüfter mit konstanter Drehzahl. Eine temperaturabhängige Drehzahlregelung wäre hier eine tolle Möglichkeit, den Power Mac noch leiser zu bekommen. Der Netzteillüfter wäre sicher auch leiser zu haben.

Als für PCs USB 2 bereits üblich war, verbaute Apple fleißig USB 1. Mehrheitlich jedoch, um Apple Desktop Bus (ADB) abzulösen und damit Tastaturen und Mäuse anzuschließen. Mehr Wumms in Form von USB 2 wäre für den G4 generell erstrebenswert. All-In-One Karten mit USB 2, Firewire und IDE-Kontroller gab es für diese Art Macs – wie die Sonnet Tempo Trio. Eine wie diese wäre zugleich eine Alternative zu dem internen Festplatten-Kontroller, der ja nicht korrekt zu funktionieren scheint. Eine weitere sinnvolle Ergänzung dürfte ein SCSI-Kontroller sein, besonders für klassische Peripherie aus der Ära: zum Beispiel externe Speicherlösungen von SyQuest oder Iomega.

Ich frage mich, ob eine PC-Compatibility Card dazu gebracht werden könnte, in einem G4 Power Mac zu laufen. Dieses ist eine eher exotische Erweiterung für frühere Power Macintosh Computer und man darf geteilter Meinung darüber sein, ob es sich hierbei tatsächlich um ein Upgrade für den G4 handeln würde. Aber wäre es nicht spannend, DOS oder gar Windows 98SE auf einem dedizierten Pentium 166MHz im Mac auszuführen? Soetwas dürfte schnell ein interessantes eigenständiges Projekt werden. Leider sind solche Erweiterungskarten heute sehr selten und deshalb schwer zu finden.

Fazit

Dieser Power Mac ist hiermit ins Leben zurückgeholt und er sieht im Arbeitszimmer einfach gut aus. Ich freue mich schon darauf, Software-Klassiker wiederzuentdecken und lange vergessene Schätze von alten Backups zu heben.

Mit Mac OS X Tiger war es ausgesprochen leicht, den Power Mac in das lokale Netzwerk zu integrieren (selbst IPv6 war inklusive). Von macOS Catalina aus ließ sich umgehend auf die Bildschirmfreigabe des G4 zugreifen. Die in Mac OS X Tiger vorhandene Unterstützung von Dateifreigaben ist jedoch nicht mehr zeitgemäß. Moderne Macs setzen hier auf Windows-Filesharing mit aktuellen Authentifizierungsmethoden, die Tiger nicht kennt. Um auf Dateien auf anderen Computern im Netzwerk zuzugreifen habe ich mich vorerst einer älteren Version von sshfs bedient. Gegebenenfalls läßt sich später ein Netatalk-Server einrichten, der für Mac OS und Mac OS X gleichermaßen verständlich das Apple Filing Protocol (AFP) spricht.

Surfen mit Tiger entwickelte sich hingegen schnell zum Albtraum. Mit der Einführung von HTML5 um das Jahr 2010 und auch, weil heute moderne Verschlüsselung flächendeckend im Einsatz ist, sind die auf PowerPC Macs heimischen Browser derart veraltert, dass man sie in den meisten Fällen nicht einsetzen kann und generell nicht sollte. TenFourFox ist hier ein vielversprechender moderner Browser für den Power Mac von heute und ich werde ihn umfassend ausprobieren, sobald mein G4 über mehr Arbeitsspeicher verfügt.

Ich war erfreut zu sehen, dass Software Update tatsächlich auch heute noch von Apple Servern mit den finalen Updates versorgt wird und Mac OS X auf den letzten Stand bringen konnte (10.4.11, Build 8S165). Vielen Dank Apple für den anhaltenden Support von Power Macs aus dem letzten Jahrtausend!

Bei diesem alten Mac eine Bildausgabe in Full-HD zu sehen, war eine kleine Überraschung für mich. System Profiler zeigt für die ATI Rage 128 eine Ausgabe mit 1920 × 1080 Pixeln bei 60Hz mit einer Farbtiefe von 32-Bit an (auch bekannt als Millionen Farben, was tatsächlich True Color bzw. 24-Bit RGB entspricht). Nicht schlecht – und definitiv nicht retro.

Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass SD-Adapter und der interne Festplattenkontroller inkompatibel sind, halte ich es für wahrscheinlicher, dass das Problem auf der Seite des Macs liegt – insbesondere angesichts früherer Stabilitätsprobleme, besonders beim Installieren von Software auf die Festplatte an dem Ultra-ATA Anschluss. Online gibt es zu vergleichbaren Problemen mit Ultra-ATA und den Power Macs viele Berichte. Es wäre ausgesprochen hilfreich, mehr über den Kontroller herauszufinden, doch leider hat meine Suche bisher wenig Erhellendes zu Tage gebracht.

Es war von Beginn an klar, dass das Beschaffen von bestimmten Ersatzteilen und Erweiterungen für diesen 20 Jahre alten Computer zunehmend schwieriger werden würde. Erstaunt, eher geschockt, hat mich jedoch die Unmenge an toten Links, auf die ich während meiner Suche nach relevanter Information im Netz gestoßen bin. Sicher, Apple hat den Großteil seiner online verfügbaren Produkt- und Entwicklerdokumentation in den letzten Jahren neu organisiert, und das wirkt sich auf viele Webseiten aus, doch leider sind private wie kommerzielle Webseiten aus dem Netz verschwunden. Mit ihnen gut aufbereiteter Inhalt und viel Fachwissen. Das Internet vergisst! Hoffnung geben die von Enthusiasten betriebenen Online-Archive, die sich der Herausforderung stellen, sowohl Information als auch Software zu erhalten.

Hardware Im Überblick

Interessanterweise zeigt System Profiler in Mac OS X Tiger den G4 als Power Mac G3 (PCI graphics) an, wohingegen Mac OS 9 nicht patzt. Für Interessierte folgen technische Details zum Power Macs.

  • Machine Name
    Power Mac G4 (PCI graphics)
  • Machine Model
    PowerMac1,2
  • CPU Type
    PowerPC 7400 v2.6 (G4)
  • CPU Speed
    400 MHz
  • L2 Cache
    1 MB
  • Bus Speed
    100 MHz
  • Boot ROM Version
    1.1.2f2

Ich habe die unten aufgeführten Komponenten für die Instandsetzung benutzt und die haben für mich hierbei gut funktioniert. Ich stehe natürlich in keiner Verbindung mit den Anbietern und nenne die Produkte ausschließlich zu Informationszwecken. Die Erwähnung stellt keine Werbung oder Empfehlung dar.

  • SD-Adapter
    Kalea Informatique Adaptor IDE 3.5-inch 40 Pin to SD Card
  • SD-Karte
    SanDisk Ultra 32 GB SDHC
  • Arbeitsspeicher
    Mushkin Enhanced Essentials 256 MB 168-Pin SDRAM PC 133 (990614)
  • Lüfter
    Arctic F12
  • IDE-Kabel
    Tutoy 40 Pin PATA/IDE 3.5-inch Male To Female Ribbon Cable
  • VGA-zu-HDMI
    Gana VGA to HDMI Converter Adapter
  • WiFi-zu-Ethernet
    Apple AirPort Express 802.11n (2nd Generation)