Performa 630

Teil I: Streben nach Glück

Veröffentlicht / modifiziert

  • 2025-08-14
  • /
  • 2025-09-02

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Dieser Apple-Computer war auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Sein Zustand: unbekannt. Würde ich ihn wieder lauffähig bekommen?

In der generösen Spende der Vorbesitzer war nicht nur der Macintosh Performa 630 selbst enthalten, sondern auch Tastatur (Apple Extended Keyboard II), Maus (Apple Desktop Bus Mouse) und Monitor (Macintosh Color Display M1212) – obendrauf gab es sogar noch einen Apple StyleWriter II und eine Sammlung Kabel, Software und Goodies. Letztendlich ein alles-inklusive Starter-Paket. Der aufmerksame Leser wird bereits bemerkt haben, dass ich über diesen Macintosh bereits im Artikel Serielle Übertragung berichtet habe, auch wenn er dort nicht im Fokus der Geschichte stand.

Unglücklicher Mac

Bei der ersten Inspektion schien der Performa in einem relativ passablen Zustand zu sein: kleinere Kratzer, Schmutz und Staub – welcher sich sowohl innen als auch außen über längere Zeit abgelagert hatte – und das typische ungleichmäßige Vergilben der beigen Plastikteile. Jedoch beinahe alle Füße des Bildschirmstands hatten sich in eine zähflüssig Masse verwandelt, welche an Allem kleben blieb, was sie berührte. Diese Füße mussten unbedingt ausgetauscht werden. Zerlegen und Reinigen stand definitiv auf der Tagesordnung. Das Layout des Computers war und ist immer noch unkonventionell: während man das Mainboard komfortabel hinten aus der Maschine herausziehen kann, muss man einer komplexen Prozedur folgen, um den Rest zu zerlegen, und gleich zu Beginn sollte man sich mit Entschlossenheit den Riegeln der Frontblende entgegenstellen.

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Ich entfernte alle Laufwerke, entstaubte und reinigte alle Teile, erstellte ein Image der Festplatte mit meinem G4 Power Mac und inspizierte die Verkabellung und Stromversorgung, bevor ich alles wieder zusammensetzte. Nun war es Zeit für den ersten Start. Mit dem Einschalten des CRT flammte das grüne Statuslicht auf und zu höhren war das typische befriedigende Entmagnetisierungsbrummen gefolgt von einem leisen elektrostatischen Knistern, welches auf Hochspannung hinwies. So weit, so gut. Als nächstes war der Computer dran: Ich drückte die Einschalttaste auf der Tastatur und der Macintosh erwachte zum Leben: grün leuchtende LEDs an Gehäuse und Tastatur, das Surren und Rattern, wie es eine gesunde mechanische Festplatte erzeugt, welche zu rotieren beginnt und die Schreib-/Leseköpfe positioniert, und auf dem Bilschirm sah ich... einen traurigen Mac. Gleichzeitig ertönte die Melodie des Todes aus dem Lautsprecher des Macs. Was war schief gelaufen?

Erneut prüfte ich das Mainboard und die Komponenten, was mir jedoch keine Hinweise auf die Ursache des Problems brachte. Bei dem Disk-Image fiel mir jedoch ein seltsames Byte-Muster in den ersten Blöcken der Festplatte auf. Dort befindet sich die Apple Partition Map (APM), eine kritische Datenstruktur welche Partitionen beschreibt und Informationen bereitstellt, welche die Maschine benötigt, um ein Betriebssystem vom Datenträger zu starten. Ich las die Festplatte sicherheitshalber weitere Male ein aber das Ergebnis war stets dasselbe. War das Laufwerk korrupt oder sogar defekt?

Mac im Glück

Zuerst klemmte ich der Festplatte den Strom ab. Statt den Sad Mac anzuzeigen, verhielt sich der Performa völlig normal und hielt munter Ausschau nach einem bootfähigen Laufwerk. Meine Versuche, die Maschine von CD zu starten, blieben fruchtlos. Disketten funktionierten jedoch tadellos. So löschte und initialisierte ich kurzerhand die Festplatte mithilfe meines G4 Power Macs unter Mac OS 9 und schloss sie wieder an den Performa an. Im Gegensatz zu den Macintosh System 7.5-Disketten sollte es die Disk Tool Disk 2 von Mac OS 7.6, welche Disk Setuup Lite B1-1.2.2 mitbringt, erlauben, die Festplatte im Performa selbst zu initialisieren, denn sie wurde seinerzeit speziell auf moderne Apple-Computer mit IDE-Festplatten und PowerPC oder Motorola 68040-Prozessoren zugeschnitten (aber leider fand ich das erst heraus, nachdem ich den Rechner eingerichtet hatte).

Nachdem ich ein frisches Set System 7.5.3-Installationsdisketten (von der Apple Mac OS 7.5.3 CD) mit RawWriteWin unter Windows 98 auf meinen Pentium III-PC erstellt hatte, konnte die Installation des Betriebssystems beginnen. Mit mehr als einem Dutzend Disketten waren der Performa und ich eine ganze Weile beschäftigt, aber am Ende war der Macintosh wieder froh. Und ich auch.

Weitere Software lud ich per serieller Verbindung (siehe Serielle Übertragung), aktualisierte das System auf Version 7.5.5 und erfreute mich des Performa 630 so wie er war. Ach ja: ein paar Tage später fürhrte ich eine gründlichere Prüfung des Disk-Images durch und konnte tatsächlich die APM aus Sicherungsdaten wiederherstellen, welche in den letzten Blöcken der Festplatte zu finden waren. Auf diese Weise ließen sich alle Daten retten und ich erstellte daraus einen virtualisierten Macintosh mit Basilisk II für die Vorbesitzer.

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Besser ist besser

Dem Motto folgend Immernoch obsolet – aber leichter zu benutzen hatte ich bereits ein paar Details, welche ich verbessern wollte: ganz oben auf der Liste stand die Netzwerkfähigkeit, dicht gefolgt von einer besseren Möglichkeit, lokal Daten zu speichern und auch Medien wie CDs mit wenig Aufwand zu nutzen. Und ganz klar: mehr Arbeitsspeicher.

RAM

Der Performa auf meinem Tisch war mit zwölf Megabyte Arbeitsspeicher ausgestattet: vier Megabyte waren auf dem Mainboard (Version 820-0548-B) integriert und weitere acht steckten als Speichermodul in der 80 Nanosekunden-Variante im einzigen doppelseitigen 72-poligen SIMM-Slot. Obwohl bis zu 36 Megabyte offiziell von diesem Mainboard unterstützt wurden – durch den Einsatz eines 32 Megabyte SIMM-Moduls – entschied ich mich dagegen, den Macintosh maximal aufzurüsten. Stattdessen wählte ich ein 16 Megabyte-Modul, was mir 20 Megabyte Arbeitsspeicher zum herumspielen bescherte. Anspruchsvollere Anwendungen konnte so selbst dann auf dem Mac laufen, wenn Netzwerktreiber und -software geladen waren.

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42 Jahre Ethernet

Wussten Sie, dass Ethernet bereits standadisiert wurde, bevor Apple den ersten Macintosh herausbrachte? Tatsächlich ein Jahr davor, im Sommer 1983. Als dann 13 Jahre später der Macintosh Performa 630 vorgestellt wurde, war Ethernet bereits gut etabliert und daher – wie ich in meinem Artikel Serielle Übertragung erwähnt habe – existierten auch Ethernet-basierte Optionen für diesen Computer.

Ich hielt also eine Weile Ausschau nach einer Netzwerkkarte für den proprietären COMM-Slot (Version 1) des Performa 630 und als sich eine günstige Gelegenheit bot, erwarb ich eine Apple 10BASE-T Ethernet CS Twisted-Pair Card (M3065Z/A, 630-0734-H, 820-0607-A). Ironischerweise erstand ich diese zu einem Preis, der unter den Kosten für die Herstellung des Seriell-Adapter lag – Versand inklusive. Die Karte zeigte nur geringe Gebrauchsspuren, sodass ich sie nach gründlichen Reinigung kurzerhand im Performa ausprobierte.

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Nach dem Upgrade von MacTCP auf OpenTransport 1.1.2 und einer einfachen Konfiguration des Netzwerk-Clients mit fester IP, surfte ich mit iCab (2.9.9) auf Altcomputer-taglichen Webseiten wie FrogFind und dieser Website im HTML2-Modus. All das funktionierte auf Anhieb und war möglicherweise der erste Internetbesuch des Performas.

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Im Gegensatz dazu konnte ich meinen Netatalk-basierten AppleShare-Server nicht nutzen, weil dieser auf dem Macintosh einfach nicht in Chooser angezeigt wurde und es dort keine Möglichkeit gab, über die IP-Adresse des Servers eine Verbindung aufzubauen. Ich ging davon aus, dass meine WLAN-Brücke hier für das Problem ursächlich war – weil sie offenbar nicht die nötigen Netzwerkerkennungspakete weiterreichte. Um meine Theorie zu überprüfen, verband ich eine Raspberry Pie 4 direkt mit dem kabelgebundenen Netzwerk, an dem auch der Macintosh hing, und startete darauf einen weiteren Netatalk-Server über TCP/IP: dieser Server tauchte gleich in Chooser auf. Dank des Internets fand ich letztendlich heraus, dass der Button Server IP Address..., mit dem ich von Mac OS 9 vertraut war, erst mit einer späteren Version von Chooser für System 7.5 eingeführt worden war. Deshalb installierte ich den AppleShare Client Version 3.7.4 - für System 7.5.3 bis 7.5.5 – welcher Chooser auf Version 7.6.1 aktualisierte – und mir erlaubte, zu meinem geschätzten AFP-Server zu verbinden – und damit Dateien im LAN auszutauschen.

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SCSI rules

Sie möchten auf unkomplizierte Weise Periferie-Geräte an Ihrem Computer anschließen? Und Sie beabsichtigen, zügig Daten auf Ihr externen Datenträger zu übertragen? Nichts leichter als das! Einfach einen der USB-Anschüsse nutzen und fertig. Mitte der 1990er Jahre war die Lage hingegen gänzlich anders: Apple sollte Universal Serial Bus (USB) nicht vor dem Ende der Dekade bei eigenen Geräten integrieren und zu der Zeit war der maximale theoretische Datentransfer mit 12 Mbps (USB 1.0 and 1.1) nicht wirklich anderen Standards überlegen. SCSI war hingegen die Wahl, wenn schnelle Datenspeicher oder aber Speichermedien wie Bandlaufwerke, Iomega ZIP oder CD-ROM-Laufwerke genutzt werden sollten. Und Apple war sich des Problems bewußt. Obwohl der Performa 630 mit einer IDE-Festplatte ausgeliefert wurde, war SCSI verantwortlich für das interne CD-ROM-Laufwerk und der Macintosh bot selbst in der Basis-Konfiguration einen externen SCSI-Anschluss, der in Form von DB-25 ausgeführt war.

Fasziniert von dem BlueSCSI-Projekt, seit ich davon gehört hatte, bestellte ich einen BlueSCSI v2 DB-25 sowie ein 3D-gedrucktes Gehäuse von One Geek Army. Damit kann man nicht nur externe Festplatten emulieren, sondern andere Medien wie z.B. CD-ROM-Laufwerke sind eine Option. Abbilder von Medien können so mit dem Computer genutzt werden und mit spezieller Software für 68K-Computer lassen sich Images im Betrieb auswechseln und Dateien können sogar direkt auf und von der SD-Karte kopiert werden.

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Fazit

Ich war erfreut festzustellen, dass dieser 31 Jahre alter Computer mit relativ wenig Aufwand wiedererweckt werden konnte. Letztendlich ließ sich das mit Fleiß und Ausdauer bewerkstelligen. Glücklicherweise waren weder elektronische Komponenten noch das Gehäuse beschädigt und alle Teile ließen sich gründlich reinigen. Sogar das Diskettenlaufwerk und die interne Festplatte ließen sich zum Mitspielen überreden. Der Röhrenbildschirm war hell, kontrastreich und recht scharf, auch wenn die Bildbreite in den Aufwärmphasen gelegentlich zuckte – also dürfte der Monitor wohl in absehbarer Zukunft etwas Aufmerksamkeit benötigen.

Ich konnte eine Idee davon bekommen, wie sich ein Mac-User Mitte der 1990er gefühlt haben dürfte, und mit Software aus der Ära herumexperimientieren – von Input bis Output. Ganz klar war die Reise mit all dem digitalen Wissen (das Internet) im Gepäck heutzutage viel weniger beschwerlich und merklich geraffter als vor drei Jahrzehnten. Aber wenn man schließlich vor dem Macintosh sitzt und sich mit einer recht nostalgischen Runde WarCraft vergnügt (bis vor kurzem hatte ich das ausschließlich an PCs gespielt), bin ich mir sicher, dass der Spass seit 1994 nicht nachgelassen hat. Und ja, auch mit einer Maus, die nur einen Knopf besitzt, kann man Strategiespiele spielen.

Natürlich gibt es neben Spielen auch ernsthafte Anwendungen, für welche sich der Performa gut eignet. Zum Beispiel, jetzt, da der Macintosh ein Ethernet-Client ist, lässt er sich gut als LocalTalk-zu-Ethernet-Brücke nutzen. Auf diese Weise kann man Geräte, welche nur LokalTalk beherrschen, auf ein Ethernet-Netzwerk und damit bei Bedarf sogar auf das Internet zugreifen lassen. Dazu benötigt man nur Apples Software LocalTalk Bridge. Das dürfte gelegen kommen, wenn ich mich daran mache, das alte Macintosh PowerBook 140, welches gemeinsam mit dem Performa 630 bei mir ankam, für sein zweites Leben fit zu bekommen. Aber das – ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.

Ressourcen im Web

Die folgenden Webseiten haben mir sehr geholfen, den Performa 630 wieder zum Laufen zu bekommen: